Sebastian: “Cyberschock!”, rufen wir, das Schlagwort scheint uns sinnvoll, weil Eindrücke auf uns niederprasseln, wie stürmischer Regen, grelle Farben vermischen sich in zu einem Strudel, ein fantastischer Rausch von Sinneseindrücke überfällt uns. Das allgegenwärtige, unaufhörliche Werben von Produkten auf großen Bildschirmen, Plakaten, so hell und leuchtend, Strahlen von Botschaften gesendet werden, Menschenmassen, dicht gedrängt auf den schmalen Gehsteigen, die kleinen Straßenhändler umgehen wir oder bleiben einfach atemlos stehen, verharren für einen Moment, Bettler in die dunklen Ecken gedrängt, Autoverkehr pausenlos, hupen, rasen, die hellbunten Farben der Taxis, Spielzeugautos gleich, blau, rosa, gelb, riesige Reisebusse, wie Schiffe, bahnen sie sich ihren Weg, zerschneiden die Straßen, in einer Luft von Abgasen, all die großen und kleinen Fahrzeuge, versuchen einen Weg zu finden, um vorwärts zu kommen, oft hoffnungslos, da dingt ein verwirrend süßer Duft gebratener Bananen in die Nasenflügel, wir drehen unsere Köpfe, sehen Fleisch kochen in großen Töpfen, alles wird angeboten auf den Straßen, auf schmalen Gehwegen, alte Häuser ragen hervor, eingequetscht in einer wirren Anordnung von Gebäuden, der Traum eines besseren Lebens, Werbung, unaufhörlich versucht sie unsere Blicke einzufangen, hier und jetzt und dort, ein ewiger Wettbewerb, Menschen reißen die Augen auf oder stumpfen ab, dass wir alles auf einmal wahrnehmen, immer wollen und suchen, doch was eigentlich, im Delirium der Straßen, im Lärm vergeht alles oder es knallt, eine Spannung sich aufbauen wird, wie in einer großen Blase, die sich zu sehr ausgedehnt hat, sie explodiert endlich, plötzlich…meine Erlebnisfähigkeit, in der gewaltigen Stadt, in einen Traum wechselt, alles bewegt sich, bebt, zerbricht, ein Pendel einer rasend, schlagenden Uhr, die keine Zeit mehr kennt!

Sutida: Ja, Cyber setzt sich hier tatsächlich aus Futurismus und Werbung und somit Entertainment zusammen. Und der Cyber ist tatsächlich ein Wahn: Die Bildschirme im U- Bahnhof, sowie in den Wagons unterhalten die Menschen. Es ist nicht möglich, nicht zu zuhören, geschweige denn zu überhören. Neben so viel Wahn ist die Aufmerksamkeit auf kleine, einfache Dinge ein Ausgleich. So sind Stillleben des Alltags und sei es sogar Müll in seiner letzten Konsequenz, lieblos in eine Ecke geworfen, eine Erholung für das Auge. Auch ein filigraner Pflanzenhalm bewirkt Wunder. Alles was gegen den Fluss läuft ist auffällig. Plötzlich wird die Rushhour um 18:00 Uhr unterbrochen. Es erscheint mir, wie in meiner Kindheit, als wir das Spiel, namens “Freeze” spielten. Es geht so: Alle Menschen bewegen sich zur Musik, aber einer macht die Musik aus und alle bleiben plötzlich in ihrer letzten Position eingefroren stehen. In Thailand verläuft das Spiel so: Die Menschen bewegen sich im Fluss des Lebens, ob auf der Straße, im Einkaufszentrum oder im Haarsalon, überall im öffentlichen Raum. Punkt 18:00 Uhr, hört man die Nationalhymne. Ganz routiniert, bleiben alle eingefroren. Das thailändische Gesetz besagt, dass nicht stehen zu bleiben, eine Ordnungswidrigkeit bedeutet. Wiedersetzt sich der Mensch, hat er mit einer Geldstrafe zu büßen. Und das jeden Tag zwei mal!