Sutida: 12:00 Uhr. Die Sonne brennt. Um diese Zeit auf den Straßen unterwegs zu sein, ist den Thailändern fremd. Es ist die Zeit, wo viele zusammensitzen und ihr Mittagessen in klimatisierten Schnellrestaurants einnehmen. Nur die, die nötige Besorgungen machen oder die, denen nichts anderes übrig bleibt, als zu arbeiten, sind auf der Straße zu sehen. Mit Ausnahme von uns, den Farangs, der in Thailand übliche Begriff für Ausländer, die noch keine Achtung vor der Hitze haben, begeben sich auf die Straße.
In der prallen Sonne, vor der Toreinfahrt unseres Ateliers, treffen wir einen Mann, der zu denen gehört, den nichts anderes übrig bleibt, als zu arbeiten. Der Mann verkauft Besen. Handgefertigte Besen aus Stroh mit hölzernen Stock oder aus Bambus in allen Variationen und Größen.
Kurz bevor er sich zu einer anderen Verkaufsstelle weiter begeben wollte und den Wagen mit seiner eigenen Kraft vor sich her schob, hielten wir ihn, mit einem lautem Rufen, an. Als wäre der Mann taub, hörte er zum Glück, in letzter Sekunde, unser Geschrei.
Der kleine Mann blickte unter seinen Strohhut, über die Schulter hinweg, zu uns und blieb stehen. Als er seinen Wagen im Schatten abstellte und wir auf ihn zu gingen, kam mir ein Lächeln, denn ich wusste, dass auch wir, ihm ein Lächeln schenken werden.
Der Mann war klein und wirkte im Kontrast zu seinem Wagen mit den riesigen Besenköpfen, die heraus ragten, noch kleiner. Seine Haut war so dunkel gebräunt, wie die Haut eines Bauern und die Zähne so krumm und dreckig, wie die eines alten Straßenhändlers.
Seit früher Stunde machten Sebastian und ich Besorgungen für das Atelier und es fehlten nur noch die Besen, Werkzeug für das Malen. Das bedeutete, dass wir nicht einen Besen brauchten, sondern viele Besen, welches der kleine Mann nicht ahnen konnte.
“Wie viel kostet ein Besen?”, fragte ich. Der Mann nannte mir eine Zahl. Dann setzte er nach und deutete mit seinen Fingern, dass wenn ich zwei Besen kaufen würde, es günstiger wird.
Sebastian und ich blickten uns kurz an und auch in diesem kurzen Moment musst ich wieder heimlich lächeln. Sebastian sagte: “Frage ihn, welchen Preisnachlass er für zehn Besen machen würde?” Ich holte Stift und Papier heraus und rechnete kurz und fragte, nach einem angemessenen Preisnachlass für zehn Besen. Er schaute uns an und seine Augen wurden größer. Er versuchte ruhig zu wirken, doch es misslang ihm. Er reagierte schnell und antwortete: “Ja, ja, kein Problem!” Im selben Moment sah Sebastian noch andere Handfeger und gab mir zu verstehen, dass er noch fünf weitere kaufen möchte. Ich schrieb in meinem kleinen Buch die Gesamtsumme nieder und zeigte sie dem kleinen Mann. Er nickte und da war es: Sein Lächeln, sein Grinsen, strahlte warmherzig. Wir zählten die Besen. Wir blickten auf den Boden, ein Berg voller Besen! Ein letztes Mal fragte ich nach dem Preis.
Es war entzückend: Der Mann blickte auf, schaute uns an, schüttelte den Kopf und fasste sich mit beiden Händen an die Stirn. Er stotterte: “Äh, ich habe es vergessen. Ich bin völlig außer mir. Ich habe den Preis vergessen!”.
Er grinste und zeigte seine krummen Zähne. Nun standen wir alle drei da und mussten lachen.

Nach kurzer Verschnaufpause liefen wir mit fünfzehn Besen in den Händen in unser Atelier. Wir stellten die Besen ab und gaben ihm sein Geld. Er bedankte sich mit der typischen thailändischen traditionellen Geste: Dem Wai, ein Aneinanderlegen der Handflächen, die den Körper, irgendwo zwischen Oberkörper und Kopf, leicht berühren. Der Mann hielt die Hände sehr hoch, fast über seinen Kopf und beugte sich sehr tief. Seine Dankbarkeit war durch diese Geste deutlich erkennbar. Und er unterstrich sie mit dem Satz: ” So, nun werde ich für heute Schluss machen und zu meiner Familie gehen und mit ihnen gemeinsam essen!” Er ging zu seinen Wagen und schob ihn davon.