Wir haben uns am Abend vorgenommen, ins Kino zu gehen. Ich bin der Meinung, zu einer Megastadt gehört einfach ein Kinobesuch. Spätestens nach einer Woche Aufenthalt. Davon abgesehen, es ist Vorschrift. Schon vor langer Zeit von der Regierung abgesegnet: Ein Besuch in einem Actionfilm mit möglichst viel Zerstörunskraft! Eine Art von kollektiver Ableitungsmaßnahme, den Druck der Stadt entweichen zu lassen, eine Art von Pseudoexplosion im Gehirn der Menschen zu veranstalten, damit die innere Unruhe schneller heilt, diese permanente Nervosität, um das Ameisenwesen, in einem selbst, wieder wachsen zu lassen, damit es ein Ungeheuer wird! Nun, also, flanieren wir im gelblich leuchtenden Licht, an grünen Plantanen vorbei, in einem wohlhabenden Bezirk, viele prächtige Villen hinter Mauern versteckt oder Hochhaussiedlungen in einem neureichen, pseudokolonialen Stil gebaut, eine Art von Klassismus, immer weiter, an manchem kleinen Shops vorbei, Family Stores oder kleinen Baracken, in denen Steckdosen verkauft werden, vorbei an edlen Designerläden oder Anstalten für Ganzkörpermassage oder weiß ich was, jedenfalls ein gepflasterter Weg, auf den Straßen, Zebrastreifen, ein wenig erinnert der Bezirk an das alte Europa…Ein Kino zu finden, dafür brauchen wir Zeit, denn der Navigator ist in dieser Gegend nicht allzu präzise. Bald irgendwann gleiten wir durch eine automatische Glastür, in eine große Halle hinein. Wir bewegen uns auf einen blankgeputzten, glänzenden, weißer Steinboden und freuen uns: Willkommen in einer top Shoppingmale! Wir können leider das Kino nicht finden. Wir haben zwar die Tickets und wissen, das Kino muss im 4. Floor liegen, eine Rolltreppe führt uns hinauf, dann geht es wieder hinunter, wieder hinauf, ein Labyrinth von Läden. Um diese Uhrzeit, gegen 8 Uhr, ist nicht viel los. Der Weg zum Kino ist so angelegt, möglichst viele Läden zu passieren: Kaufen! Kaufen! Das ist alles! Aber wir lassen uns nicht beirren! Schließlich finden wir das große Kino in dem das Gehirn direkt an einen Blogbuster verkabelt wird, um das Gedächnis auslöschen, wenigstens für eine Weile. Mit Popkorn und zwei Mangosäften in den Händen tragend, setzen wir uns der dröhnenden, fiktiver Gewalt von Autocrashs und wilder Schießerei, Gut gegen Böse, aus. Ein Märchen für uns Menschen in Megacityfuturetown! Wunderbar! Ich fühle mich katalysiert…oder wie heißt es? Hypnotisiert! Und brauche eine Zeit, den Boden unter den Füßen wieder spüren zu können. Nach einer kleinen Pause, stöpsle ich die grünen Leitungen, die ins zentralen Nervensystems führten, wieder aus. Immer das gleich Missgeschick: Dieser Schmerzreflex! Ich komme mit der modernen Technik noch immer nicht zurecht! Aber die Gehirnreinigung hat mir gut getan! Wir machen uns gut gelaunt auf den Weg, zurück ins Hotel. Unterwegs erhielt ich einige Nachrichten. Eine Freundin aus Shanghai sendet mir gute Vorschläge für Resaurantbesuche. In vielen Restaurants kann man so viel essen, wie man möchte, denn es gibt ja diese neue, fantastische App, die einen Zugang zu köstlichen Speisen erleichtert. In einem wundervollen Ambiente sitzend, werden die Portionen der Speisen direkt in den Magen transformiert und augenblicklich verbrannt! Wir haben diese neue Technik noch nicht oft angewendet, aber die wenigen Male, war es ein Hochgenuss!