1996-08-03 | Die Welt – Verwandlungen in Holz

Sebastian Heiner zeigt Skulpturen und Bilder in der Galerie Fine Art

GW. – In eine dichte Traum- und Phantasiewelt, die nicht selten kafkaeske Züge trägt, entführen Sebastian Heiners Bilder und Skulpturen. Da scheint es, als krabbele der „Käfer“ – eine riesige Skulptur aus Draht, Holz, Gips -, der an die „Verwandlung“ erinnert, über den Boden der Galerie. Porös und brüchig ist die Oberfläche des Panzers. Ein Symbol für die Verletzlichkeit des Menschen, so jedenfalls interpretiert Heiner das monströse Getier. Im hinteren Ausstellungsraum winkt ein überlebensgroßer „Sonnenmann“, die riesigen Hände strecken sich dem Betrachter entgegen. Ansehen kann man sich diese skurrilen Figuren derzeit in der Galerie Fine Art. Seit Jahren schon fördert Galerist Rafael Vostell die Arbeit des 32jährigen Künstlers, der an der Hochschule der Künste studierte. Nach der Fluxus-Ausstellung der „Sammlung Francesco Conz“ setzt Vostell mit Sebastian Heiner nun die Reihe „Junge Berliner Künstler“ fort. Die raumgreifenden Skulpturen entstanden durchweg in diesem Jahr, denn die plastische Arbeit ist neu im werk Heiners, der sein Atelier in Prenzlauer Berg hat. Kennt man seine Bilder, die expressiv die Leinwand sprengen, scheinen sie nun deren logische Fortsetzung in der dritten Dimension, dem Raum. Heiners Bilder leben vom pastosen Farbauftrag, heftig traktiert er seine Leinwände mit dem Pinsel, mit Terpentin und Tüchern – da wird gewischt, verwischt und gespritzt. Die Farben wachsen aus dem Bildgrund, einem kleinen Gebirgsmassiv gleich. Diese Vitalität, die aus den Bildern spricht und die Figuren zum Leben erweckt, – dies Potential traut man dem jungen Künstler auf den ersten Blick gar nicht zu, so zurückhaltend, ja schüchtern wirkt er, wenn er leise spricht. Feurig und wild lodern die Flammen dem Betrachter im „Roten Orkan“ entgegen, Farbstrudel ziehen in den Bann. Dagegen zeigt sich „Wasser“ in kontemplativer Ruhe, Himmel und Wasser zerfließen zu einem türkisblauen Farbmeer, Horizonte lösen sich auf. „Intuition“ und „psychische Befindlichkeit“ – das sind Schlagworte, die Heiner benutzt, wenn es um die Beschreibung seiner Arbeiten geht. Die Figuren sind für Heiner Metapher „für unsere schnelllebige Zeit“, gleichzeitig stehen sie auch „für die Suche nach Beständigkeit in unserer reizüberfluteten Welt“. (Bis 17. August)