1989-12-24 | Berliner Morgenpost – Neue Galerie setzt auf unbekannte Künstler

Hochschul-Student Sebastian Heiner bei Exhibit in Kreuzberg
Stefan Wieduwüt

Off-Galerien haben eine Berliner Tradition, waren sie doch schon immer Motor für neue Entwicklungen im Kunstbetrieb. Immer noch findet man gerade in diesem Bereich nicht nur die schillerndsten Paradiesvögel der Szene, sondern auch die unkonventionellen Neulinge, die den Weg zu einer breiten Öffentlichkeit suchen. Exhibit in Schöneberg ist ein neues Galerieprojekt, das gleich mit seiner ersten Ausstellung getreu der Konzeption sich einem absoluten Neuling in der Kunstlandschaft widmet: Sebastian Heiner, Jahrgang 64, studiert seit 1984 an der Hochschule der Künste. Die Beschränkung auf junge und meist unbekannte Künstler ist selten lukrativ und damit üblicherweise eher ein Neben-Engagement der Galerien, die sich dieses durch prominente Künstler im Programm leisten können. Exhibit hat deshalb den Weg des Sponsorings gewählt, behält such dabei aber die künstlerische Unabhängigkeit vor. Für die erste Ausstellung in den werkstattähnlichen Räumen, die sonst als Studio für Film- und Videoproduktionen genutzt werden, ist dieses Verfahren gelungen. Heiners Bilder lassen den Betrachter in die Traumwelt des Künstlers eintauchen. Dabei besteht allerdings keine Verwandtschaft zu den Traumkonzepten der Surrealisten, sondern es geht ihm vielmehr um die Aufdeckung der Räume und Szenerien, die er, und seiner Meinung nach auch jeder andere, in sich trägt. Besonders deutlich wird die seltsame, kafkaeske Atmosphäre in Heiners Zeichnungen, die sich trotz des soviel kleineren Formates neben den farbigen Leinwandarbeiten durchsetzen. Dabei läßt sich eine Verwandtschaft zur Räumlichkeit der Bühne wiedererkennen. Die seltsamen Figuren, in denen sich Körperteile mit geometrischen Formen zu Fabelwesen verbinden, wirken oft komprimiert, ja fast in die Ecke gedrängt. Heiner füllt das Format bis auf das letzte Fleckchen aus, so daß eine ungemein dichte Atmosphäre entsteht. Beeinflussungen durch die Arbeiten Max Beckmanns lassen sich darin ebenso finden wie eine Orientierung an den geheimnisvoll fremden Welten psychisch Kranker. Die Ausstellung ist sicher ein guter Start für Exhibit. Den braucht die Galerie auch, hat sie doch für die Zukunft noch weit größere Pläne. Da ist zum einen die Mitarbeit an einer Präsentation Berliner Künstler in Leningrad zum anderen die für das nächste Jahr geplante Ausstellung mit amerikanischen Künstlern aus Los Angeles. Dafür fehlen allerdings noch die passenden Räume.