Rede anlässlich der Ausstellungseröffnung in der Tammen Galerie, Berlin, 20.3.2009

Dieses Rot im Bild war die einzige Farbe des Bühnengeschehens, es ist die Farbe des Kleides der Tänzerin, um die sich das Frühlingsopfer dreht, jener Frau, die sich in einem wahnsinnigen Akt ihr Geschlecht ausreißt und sich selbst opfert, während die anderen – Männer wie Frauen – regungslos im Hintergrund stehen und wie gebannt dem Todestanz zuschauen.

Sebastian Heiner sucht nicht nach oberflächlichen Analogien, er ergeht sich auch nicht im Eskapismus, wenn er seine an westlicher Ausdruckskunst geschulten ästhetischen Erfahrungen mit den künstlerischen Traditionen des Fernen Ostens zu vereinbaren sucht. Neben dem Theater sind das auch die zen-orientierten Künste, also Dichtung, Kalligraphie und Malerei sowie die traditionellen Kampfkünste, insbesondere der Schwertkampf und das Bogenschießen. Gleichwohl erweist sich der Maler im Gespräch als ein genauer Beobachter einer uns kaum vorstellbaren Gesellschaft,

in der sich das Leben und Arbeiten der Menschen jenseits von allem uns Bekannten vollzieht: eine Dienstleistungsgesellschaft, gewaltig, brachial und von allergrößten sozialen und politischen Gegensätzen durchzogen, die kurz davor zu stehen scheint, sich in Spannungskämpfen zu entladen – ebenso wie die Farbe in den Bildern – wobei die Menschen, zumal derjenigen aus den untersten Schichten, ihre stets freundlichen Mienen zur Schau stellen.

“Breakup” – auf deutsch Aufbruch, aber auch Zerfall – heißt das neueste seiner Bilder. Es ist nach der Rückkehr in Berlin entstanden und zeigt ebenso eine amorphe Ruhelosigkeit in der rhythmischen Bewegung, die im Gegensatz steht zu den früheren apokalyptischen Berlinbildern, die sich sehnsüchtig klagend in der schönen Kunst der Katastrophe ergingen.

Hansdieter Erbsmehl
Berlin, 20. März 2009