2002-12-13 | DNN – Zwischen figürlich und abstrakt

Bilder des Berliner Malers Sebastian Heiner in der Galerie Utz
Lisa Werner-Art

Durch die Galerie Utz, Rähnitzgasse 17, zieht derzeit ein angesichts der von Künstlern heute verwendeten vielen anderen Materialien schon fast ungewohnter Geruch: der nach Ölfarbe. In zentimeterdicken Schichten und Wülsten zieht sie sich über die Bilder Sebastian Heiner (Jg. 1964). Rot lässt Blau hervorschauen. Gelb Blaugrün. Nach dem ersten Eindruck entdeckt man hier und da eine Figur oder Figurenpuppe, nur wenig hervortretend, deren Umriss mit einem Pinselstil oder ähnlichem in die Farbschichten gekratzt wurde. Sie verbleiben in der Andeutung, im Ungewissen und sind doch sichtbar. Genannt sei das Bild „Auf dem Boot“.

Der Maler scheint mitten unter den Bootsfahrern gestanden zu haben, als es hinaus auf das Wasser glitt und die Reisenden einen Blick zurück warfen. Oder ist es vielleicht genau anders? Steuert jemand das Boot heimwärts? Das „Wasser“ gibt keine Auskunft und auch nicht die Farbflecke, die möglicherweise auf weitere Boote deuten. Nichts ist mit Sicherheit erkennbar. Vielleicht ist es genau dieser Umstand, der in Gedanken andere malerische Umsetzungen von Menschen im Boot vorbeiziehen lässt. Ein Dresdner denkt angesichts der Unbestimmtheit von Heiners Bild wohl nicht zufällig an Adrian Ludwig Richters „ Überfahrt am Schreckenstein…“. Animiert dazu wird man auch durch die abendlich-herbstlichen Farben Heiners. Anders, eher kühl, kommt dem Betrachter die „Zusammenkunft“ an der hinteren Stirnwand entgegen. Aus einem bläulich-grünlichen Grund schälen sich die Umrisse einer fast statisch wirkenden Gruppe. Mehr erfährt man nicht. Sie bleibt eine Andeutung in einem nicht definierten Raum. Hier wie da haben Heiners Figurschemen weder Alter noch Geschlecht, weder soziale noch ethnische Zugehörigkeit. Existenz an sich scheint die Frage, Existenz in einem fast archaischen Sinn. Dies gilt auch für Landschaften, beispielsweise „Feuerland“, eine kleine Malerei. Die Farbigkeit lässt dem Betrachter gar keine andere Wahl: Es kann sich bei diesem Roth nur um Feuer-Land handeln. „Nachtlicht“ wiederum stellt sich als ein rötlich-blaues Wunder dar. Vielleicht war da gerade noch der letzte Rest Abendsonne am Himmel, der nun als rote Farbe durch dunkles Blau scheint. Die assoziative Wirkung solcher Malerei zeigt sich auch bei „Aufgebrochene Erde“, wo man Erdschollen zu entdecken glaubt, oder „Dezember“, das den Blick auf blätterlos in die Höhe ragende Bäume suggeriert.

Wenn Sebastian Heiner sich mit seinen Ölbildern in einem traditionellen Feld – Landschaft und Figur – bewegt, so sind sie doch ganz heutig. Sie erscheinen wie aus Farbe „gewachsen“, werden zu assoziativen Bildräumen, die immer auch die Möglichkeit lassen, alles ganz anders zu sehen. Grundlagen seines künstlerischen Tuns erwarb sich der Berliner nach einer Hospitanz an der Schaubühne an der Hochschule der Künste Berlin. Hier studierte er von 1984 bis 1991, war Meisterschüler bei Klaus Fussmann. Ausstellungen und Messen führten Heiner nach Berlin, Madrid, Lissabon und jetzt nach Dresden.